Digitalisierung, Repression, Opportunismus und Selbstzensur – die alten und neuen Gefahren der Meinungsfreiheit

19.06.2017, ein Beitrag von

Anlässlich des Internationalen Tags der Pressefreiheit am 3. Mai 2017 erklärt der Direktor der Landesmedienanstalt Saarland, Uwe Conradt:

„Meinungsfreiheit und Medienvielfalt sind Voraussetzungen für Demokratie und Rechtsstaat. Der Internationale Tag der Pressefreiheit ist für die LMS in diesem Jahr nicht nur Anlass, den Journalisten und allen Medienschaffenden für ihre Arbeit zu danken, sondern auch, um auf gefährliche Entwicklungen im Aus- und Inland hinzuweisen.

Die erste Phase der Digitalisierung hat zu einem erheblichen Gewinn an medialen Angeboten und an Meinungsfreiheit geführt, allerdings zeigt sich nun in der zweiten Phase der Digitalisierung, dass es keine Gleichung gibt, die da lautet: Mehr Digitalisierung = mehr Meinungsfreiheit.

Die ökonomischen Rahmenbedingungen führen zu disruptiven Veränderungen, die Auswirkungen auf die Vielfalt des Medienangebots haben. Lokal-TV und regionale Tageszeitungen leiden seit Jahren unter einem zunehmenden Druck aufgrund von Verschiebungen des Werbemarktes, der nicht nur bei diesen eine Bedrohung für den journalistisch-redaktionell arbeitenden und unabhängigen Qualitätsjournalismus darstellt. Ein immer größeres Stück des Werbekuchens geht an wenige internationale Plattformanbieter und Intermediäre, die aufgrund ihrer Marktstärke und technologischen Kompetenz die Auffindbarkeit der Angebote und die Wahrnehmung durch Nutzer steuern können. Da der regulatorische Ordnungsrahmen zur Sicherung der Medien- und Meinungsvielfalt bislang auf diese Entwicklung kaum ausgerichtet ist, ist die positive Medienordnung in Gefahr. Die Beschlüsse der Bund-Länderkommission zur Regulierung von Intermediären sollten deshalb schnellstmöglich umgesetzt werden.

Die technologischen Veränderungen sind aber auch eine gesellschaftliche Herausforderung, denn das Vertrauen in die Medien kann heute leichter untergraben werden als je zuvor. Durch Ausnutzung der technischen Möglichkeiten können große Bevölkerungsteile durch Fake News manipuliert und in ihrem Medienkonsum und der Informationsaufnahme überwacht werden. Journalisten stehen in vielen Ländern unter einem Druck, der eine unabhängige und investigative Arbeit nur schwer oder überhaupt nicht ermöglicht. Die Inhaftierung des Journalisten Deniz Yücel in der Türkei steht in diesem Jahr beispielhaft für eine Vielzahl an repressiven Maßnahmen durch ausländische staatliche Stellen, die auch den Entzug von Sendelizenzen und die Schließung von Verlagen umfassen. Aber auch in Deutschland gilt es zu hinterfragen, wie eine freie und umfassende Meinungsbildung gewährleistet werden kann.

Wie sieht es aus mit der Freiheit des Rundfunks von staatlicher Einflussnahme? Kommen alle gesellschaftlich relevanten Kräfte zu Wort? Gibt es auch in Redaktionen in Deutschland Opportunismus und Selbstzensur, die letztlich eine Gefahr für die Pressefreiheit darstellen?

Die Botschaft des diesjährigen Tags der Pressefreiheit lautet daher, dass jeder Journalist überall auf der Welt das Recht haben muss, frei und ohne Angst berichten zu können. Eine Beschränkung der Pressefreiheit ist immer auch eine Beschränkung der Demokratie.“